06.12.2010

Erste Wagner-Gesellschaft in Israel gegründet

Der israelische Rechtsanwalt und Wagnerianer Jonathan Livny hat Mitte November die erste Wagner-Gesellschaft in Israel gegründet.

Jonathan Livny, Roberto Paternostro
Paternostro und Livny trafen einander in Jerusalem, anlässlich Paternostros fulminantem Konzert mit dem Jerusalem Symphony Orchestra.


DER TAGESSPIEGEL: Nibelungenscheu


Warum der Anwalt Jonathan Livny in Israel eine Wagner-Gesellschaft gründet
Im Jerusalemer Büro von Jonathan Livny läuft die „Walküre“ von Richard Wagner, interpretiert von Roberto Paternostro und dem Staatstheater Kassel. Der Anwalt wühlt in den Unterlagen auf seinem Schreibtisch, zieht unter der Gründungsurkunde seiner Wagner-Gesellschaft einen Brief mit deutschem Absender hervor. Eine Anwaltskanzlei erkundigt sich, wie hoch der Mitgliedsbeitrag für den von Livny gegründeten Verein sei. Aus Israel kommen ähnliche Briefe. Mit einer einzigen Ausnahme: „Ein israelischer Anwalt schrieb mir, er wolle einen Prozess anstrengen, um den Verein zu verbieten“, erzählt Livny. Und lächelt.

Über 90 Mitglieder hat der Verein mittlerweile, der Mitte November als erste Wagner-Gesellschaft Israels registriert worden ist. [...] Das Vorhaben des Dirigenten Roberto Paternostro, 2011 mit dem Israel Chamber Orchestra in Bayreuth aufzutreten, und der damit einhergehende öffentliche Aufschrei in Israel lieferten dem Anwalt den letzten Grund. „Es muss doch endlich möglich sein, Politik von Kunst zu trennen!“
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ARD: Der Streit um Wagner in Israel


ARD Mittagsmagazin vom 26. November 2010

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BAYERISCHER RUNDFUNK: Israel: Gründung der ersten Wagner-Gesellschaft


Jonathan Livny hat in der vergangenen Woche die erste Wagner-Gesellschaft in Israel gegründet. Als Reaktion und motiviert durch die Kontroversen um das Gastspiel des Israel Chamber Orchestra, wie er im Interview mit Clemens Verenkotte erzählt.
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BR-KLASSIK, 22. November 2010


DER STANDARD: Erste Wagner-Gesellschaft in Israel gegründet


Musikliebender Anwalt für reguläre Aufführung der Werke
Tel Aviv - Ein israelischer Musikliebhaber hat die erste Wagner-Gesellschaft in Israel gegründet. Der Jerusalemer Rechtsanwalt Jonathan Livny bestätigte am Mittwoch, er habe den Verband zur
Förderung von Wagner-Musik am 14. November registrieren lassen. Dabei habe es keinerlei bürokratische Schwierigkeiten gegeben.
"Ich will einen kulturellen Diskurs über das Aufführen von Wagner-Musik in Gang bringen", erklärte der 60-jährige Livny seine Motivation, die Gesellschaft zu gründen. Er wolle, dass Wagners Musik in Konzerten in Israel gespielt wird. "Ich bin es überdrüssig, zu Konzerten in der ganzen Welt zu reisen, um Wagner zu hören. Ich will, dass die Musik in Tel Aviv gespielt wird."
Wer Wagner nicht hören wolle, müsse es ja nicht tun, sagte Livny zu Sensibilitäten von HolocaustÜberlebenden in Israel. [...] Livny spricht sich für Sonderkonzerte mit Wagner-Musik aus. "Ein Opernhaus, das Wagner nicht spielt, kann keinen Respekt vor sich selbst haben." Der Anwalt ist der Sohn eines HolocaustÜberlebenden aus Deutschland. Sein Vater habe ihm dennoch die Liebe zu Wagners Musik vermittelt, sagt er. "Mein Vater hat immer gesagt: Wagner war ein widerlicher Mensch, aber er hat die beste Musik geschrieben."
17. November 2010


SÜDDEUTSCHE ZEITUNG: Mit Pauken und Trompeten


Jonathan Livni muss um die Welt reisen, um „Lohengrin“ oder „Siegfried“ zu hören. Nun aber will er – trotz Protesten – die Opern des Antisemiten Richard Wagner in seine Heimat Israel holen.
Eine Wagner-Gesellschaft in Israel ist nicht nur ein Wagnis, es ist ein Tabubruch, unerhört. Der Komponist ist hier als Antisemit verfemt, und er ist so innig verhasst, wie Hitler ihn liebte. Wagner, das ist für viele Juden der Soundtrack zur Nazizeit, und deshalb wird er in Israel nicht gespielt. Das Palestine-Orchester hatte den Boykott schon 1938 begründet, bis heute wagt kaum einer, daran zu rütteln, jeder Anlauf provozierte sogleich den Eklat. Zubin Mehta hat das 1981 erlebt, Daniel Barenboim zwanzig Jahre später, und erst vor wenigen Wochen sorgte der Dirigent Roberto Paternostro für Aufruhr mit der Ankündigung,
im nächsten Sommer mit seinem Israelischen Kammerorchester in Bayreuth das „Siegfried-Idyll“ zu geben.

Und jetzt kommt Jonathan Livni und will den Boykott brechen. Wenn man ihn fragt, warum er als Jude denn Wagner so liebt, dann erzählt er von seinem Vater, „einem Holocaust-Überlebenden aus Hanau am Main“. […] „Mein Vater hat gesagt, er war ein scheußlicher Mann und ein furchtbarer Antisemit, aber er hat die beste Musik geschrieben.“ Und darum geht es Jonathan Livni nun: „Die Musik von der Politik zu trennen.“
1. Dezember 2010


KLASSIK.DE: Wagner-Gesellschaft in Israel gegründet



Die Debatte um Wagner in Israel nimmt weitere Formen an. Immer mehr Stimmen werden laut, die ein Ende des Boykotts der Wagner-Opern fordern. Am 14. November hat Jonathan Livny in Tel Aviv einen Wagner-Verband registrieren lassen. [...]
Erst kürzlich hatte sich der israelisch-argentinische Dirigent Daniel Barenboim zum Thema Wagner ausgesprochen und ebenfalls für Aufführungen in Israel ausgesprochen. Politik und Kunst seien im Sinne des kulturellen Erbes zu trennen. Er selbst hatte vor Jahren "Tristan und Isolde" in einer Zugabe angespielt. Ganz aktuell war die Diskussion nach der Einladung Bayreuths an ein israelisches Kammerorchester wieder entflammt.
18. November 2010


FREIE PRESSE: Das letzte Tabu


Die Gründung eines Wagner-Vereins sorgt in Israel für Empörung, denn bisher galt ein Boykott für die Musik von Hitlers Lieblingskomponisten.

TEL AVIV—„Zugegeben, Richard Wagner war ein abscheulicher Mensch“, sagt Jonathan Livni. „Aber Gott hat ihn mit dem Talent begnadet, einzigartige Musik zu schreiben.“ Im vergangenen Jahr ist der Jerusalemer Rechtsanwalt sechs Mal ins Ausland gereist, nur um Wagners Musik live zu hören. Das soll jetzt ein Ende haben. Livni hat einen Wagner-Verein gegründet, der dafür sorgen soll, dass die Musik Wagners, bisher in Israel ein Tabu, in seinem Heimatland wieder offiziell gespielt werden kann. Livnis Gegner hingegen sind entschlossen, den Bann gegen die Musik des antisemitischen Komponisten aufrecht zu erhalten [...] Mehr als 100 Israelis sind innerhalb einer Woche seinem neuen Verein beigetreten.
1. Dezember 2010


FRANKFURTER RUNDSCHAU: „Wagner? Wie kannst du nur?“


Förderung von Wagner-Musik in Israel
„Ich will Wagners Musik ja niemandem aufzwingen.“ Viel mehr gehe es ihm [Jonathan Livny] darum, eine eingefleischte, wenig zeitgemäße Haltung zu hinterfragen. Und damit stehe er nicht allein. „Sobald man mit Musikliebhabern spricht, trifft man auch in Israel auf Wagner-Begeisterte.“ Zu den zehn Gründungsmitgliedern der Wagner-Gesellschaft, die Livny gewinnen konnte, zählen Leute von der Musikschule Jerusalem und der Universität Tel Aviv.

Israels Anti-Wagner-Front bröckelt. So nahm jüngst das israelische Kammerorchester eine Einladung nach Bayreuth an, für ein Konzert im Vorfeld der Festspiele 2011. Um Kritik vorzubeugen, will das Orchester allerdings, so wurde versichert, außer Landes proben. „Als ob die Musik Israels Luft kontaminiert“, erregt sich Livny. Für ihn gab das den Ausschlag, mit einer Wagner-Gesellschaft dagegenzuhalten. Die Idee dazu hatte er schon vor fünf Jahren, nur noch nicht den Mut. Als nächster Schritt schwebt ihm vor, ein Orchester aus Freiwilligen zu bilden, das in Israel ein Sonderkonzert geben soll. […] „Es muss ein jüdisches Orchester sein, das in Israel zum ersten Mal ganz offiziell Wagner spielt“, sagt Livny. Das sei weit souveräner, als „dieser Rest-Boykott deutscher Kultur“. In seinen Augen wäre ein solches Konzert gar ein Beweis „unseres Sieges über den Antisemitismus“. Es gebt eine Menge positiver Reaktionen, die ihn darin bestärkten.
21. November 2010


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  • Jonathan Livny, Roberto Paternostro
  • Paternostro, Jerusalem Symphony Orchestra